Montag, 3. April 2017

Die Doppelgebärde der Welt

Auf blutroten Horizonten
speit im Astralgesirr der Grausamkeit
der stahlhäutige Drache Krieg.
Kummerblaß klagen die Mütter
Vor ihren erschlagenen Kindern:
Enggewoben ist das Prachtgewand
das Gottes Gleichgültigkeit verbirgt.

Doch ständig spricht ein Rispenmund:
Selbst im schlichtesten Halm
erschließt sich der lebendige Geist.
Finsternis und Strahl
sind eine Gebärde der Lebendigkeit.
Über dem Abgrund vollzieht sich ihr Tanz.
Auch du musst ihn vollbringen.

Nächte, offene Säle,
es leuchten die Stirnen der Geschöpfe,
nah pocht der Herzschlag der Welt.

Wem neigt sich das große Gehorch,
was raschelt das Feuer der Leere
und spricht der Seele leiser Zitterschlag?

Zur Ewigkeit fließt die Zeit,
zum Ganzen tastet das Menschfragment
und alle Lebendigkeit.


Josef Hahn  1917-2007